Strom, der Linderung bringt: elektrische Stimulation
Ob Rückenmarksverletzung, Multiple Sklerose, Schlaganfall oder Parkinson: Für zahlreiche neuronale Leiden und Beeinträchtigungen stehen heute unterschiedlichste Möglichkeiten einer elektrischen Stimulation zur Verfügung – etwa zur Einstellung und Modifikation der Symptome und zur Schmerzkontrolle.
Mein Repertoire ausgewählter moderner elektrischer Stimulationsverfahren deckt dabei alle gängigen Indikationen und Themen ab – ob tiefe Hirnstimulation, epidurale Rückenmarkstimulation, periphere Nervenstimulation, neuromuskuläre Stimulation oder funktionelle elektrische Stimulation einzelner Nerven und Muskeln im Bewegungsablauf.
Ziel ist in der Regel eine Modifikation von Hirn- und Nervenfunktionen, beispielsweise um eine Schmerzreduktion zu erreichen oder um unwillkürliche Bewegungen, Verkrampfungen oder Zittern zu reduzieren beziehungsweise funktionelle Bewegungsabläufe wie Gehen oder Greifen zu unterstützen.
Auf den folgenden Unterseiten erfahren Sie mehr über die einzelnen Möglichkeiten einer elektrischen Stimulation sowie ihrer Wirkungen und Anwendungsbereiche.
Die neuromuskuläre Stimulation (NMS) führt über die direkte Stimulation mittels Oberflächenelektroden eines Muskels bzw. mehrerer Muskeln zur Kontraktion einzelner Muskeln bzw. Muskelgruppen.
Durchgeführt wird die neuromuskuläre Stimulation zur Stabilisierung und zum Aufbau der Schulter, zur motorischen Aktivierung des Arms und der Hand sowie zur Kräftigung der Vorfußhebung bei zentralen Lähmungen wie Schaganfall, Multipler Sklerose und Querschnittsyndromen unter anderem.
Wesentlicher Vorteil der neuromuskulären Stimulation ist, dass diese auch zuhause vom Betroffenen selbst durchgeführt werden kann.
Die funktionelle elektrische Stimulation (FES) führt über die Stimulation eines Muskels bzw. von mehreren Muskeln direkt oder über die Stimulation motorischer Nerven indirekt zur Kontraktion von Muskeln in der Funktion eines Bewegungsablaufs wie z.B. bei der Vorfußhebung in der Schwungphase beim Gehen. Mittels eines Kontaktschalters unter der Ferse bzw. eines Beschleunigungssensors am Knie wird die Einleitung der Vorfußhebung erkannt und durch die ausgelöste elektrische Stimulation unterstützt.
Wesentlicher Vorteil der funktionellen elektrischen Stimulation ist, dass diese auch zuhause vom Betroffenen selbst durchgeführt werden kann.
Die transkutane elektrische Nervenstimulation (mit Oberflächenelektroden) ist eine elektrische Reizstromtherapie, die zur Behandlung von Schmerzen unterschiedlicher Art eingesetzt wird und vom Betroffenen selbständig durchgeführt werden kann. Ziel dieser Therapie ist es, über die Modulation der Schmerzfasern (afferente Nervenbahnen) die Schmerzen zu verringern bzw. auszulöschen. Durch die transkutane elektrische Stimulation (TENS) werden körpereigene Hemmmechanismen im Rückenmark aktiviert und über die Aktivierung wird vermehrt endogenes Morphin (Endorphin) freigesetzt.
>Die subkutane Nervenstimulation (SNS) modifiziert Schmerzen und ist eine Alternative zur transkutanen elektrischen Stimulation – wenn diese auf Dauer über mehrere Stunden täglich verwendet wird. Im subkutanen Bindegewebe der Haut wird eine mehrpolige Elektrode über dem Schmerzareal gelegt und nach einer Testphase mit einem Nervenstimulator, implantiert unter der Haut, verbunden. Der Eingriff ist minimal invasiv. Ziel der SNS ist die Verminderung bzw. Unterdrückung von Schmerzen durch Modulation der Schmerzfasern. Mit einem Handprogrammierer hat man jederzeit die Möglichkeit die Stimulation den klinischen Notwendigkeiten anzupassen.
Die Hinterstrangstimulation (Spinal Cord Stimulation – SCS) ist eine minimal-invasive Therapieform zur Behandlung von Spastizität (erhöhtem Muskeltonus – bei Schlaganfall, Hirnblutung, Multipler Sklerose, Querschnittslähmung etc.) und chronischen Schmerzen (Kreuzschmerzen, polyneuropathischer Schmerz, Neuralgien etc.).
Die Hinterstränge des Rückenmarks werden über eine mehrpolige Elektrode mittels elektrischer Impulse stimuliert.
Ziel der Hinterstrangstimulation ist die Abnahme des Muskeltonus (Spastizität) bzw. der Schmerzen. Mit einem Handprogrammierer kann man jederzeit die Einstellungen der Stimulation ändern und so die Wirkung der Stimulation optimieren.
Die tiefe Hirnstimulation (Deep Brain Stimultaion – DBS) ist ein neurochirurgischer Eingriff zur Beeinflussung von Bewegungsstörungen wie bei Parkinson, Dystonien und Essentiellem Tremor. Die Indikation für die tiefe Hirnstimulation wird vom Neurologen gemeinsam mit dem operierenden Neurochirurgen gestellt. Sind die klinischen Voraussetzungen für den Eingriff gegeben werden mittels vierpoliger Elektroden, platziert in den Basalganglien, über eine Art „Hirnschrittmacher“ „fehlgesteuerte Signale“ moduliert und dadurch Bewegungsstörungen positiv verändert bzw. unterdrückt.
Ziel der tiefen Hirnstimulation ist es, Steifigkeit, Unbeweglichkeit und Zittern beim Parkinsonsyndrom sowie Verkrampfungen und unwillkürliche Bewegungen bei Dystonien zu unterdrücken. Über einen Handprogrammiergerät kann die Wirkung der Stimulation – entsprechend der klinischen Notwendigkeit – jederzeit optimiert werden.